Wenn Familienmitglieder im Unternehmen mitarbeiten, ist das zunächst ein großer Vorteil: Sie kennen die Abläufe in- und auswendig, sind loyal und flexibel. Doch steht ein Unternehmensverkauf an, kann genau diese Konstellation zum Stolperstein werden. Was heute als Stärke gilt, könnte morgen einen Bewertungsabschlag bedeuten – oder sogar einen Dealabbruch. Wie lässt sich das verhindern?
Familienmitarbeit: Stärke mit Tücken beim Verkauf
In vielen Familienunternehmen packen Angehörige seit Jahren mit an. Ob der Sohn in der Produktion oder die Schwester in der Buchhaltung – Familienmitglieder sind oft die guten Seelen des Betriebs. Für einen Käufer zählen jedoch vor allem betriebswirtschaftliche Fakten, nicht familiäre Bande. Aus Käuferperspektive entstehen durch mitarbeitende Familienmitglieder Unsicherheiten, zum Beispiel:
- Bleiben die Familienmitarbeiter nach dem Verkauf? Ein Käufer will Planungssicherheit. Verlässt ein zentrales Familienmitglied das Unternehmen direkt nach der Übernahme, drohen Know-how-Verlust und Unruhe.
- Sind Gehalt und Leistungen marktüblich? Falls ein Familienmitglied aus Loyalität bisher unter Marktwert gearbeitet hat, könnte es nach einer Übernahme eine Gehaltserhöhung verlangen. Ebenso problematisch: überhöhte Gehälter oder Sonderleistungen allein wegen der Familienbindung. Beide Szenarien schüren beim Käufer die Sorge vor versteckten Kosten.
- Gibt es klare vertragliche Regelungen? Käufer prüfen Arbeitsverträge, Kündigungsfristen und eventuelle Pensionszusagen genau. Fehlende schriftliche Vereinbarungen oder Sonderkonditionen nur für Familienangehörige wirken wie Risiken, die schwer kalkulierbar sind.
- Loyalität und Konfliktpotenzial: Bleiben Familienmitglieder im Führungskreis, fragt sich der Käufer, ob diese sich einem neuen Chef unterordnen können. Könnten Loyalitätskonflikte entstehen, wenn die Familie nicht mehr das Sagen hat?
- Unternehmenskultur ohne die Familie: Familien prägen die Kultur. Ein Käufer will wissen, ob das Team auch ohne die tägliche Präsenz der Eigentümerfamilie funktioniert. Bricht ohne die Familie der Zusammenhalt oder die Motivation weg?
Was für die aktuelle Inhaberschaft selbstverständlich läuft, wirft für Außenstehende also etliche Fragen auf. Käufer betrachten Familienmitarbeiter nüchtern und wägen Risiken ab. Entsprechend kann ein hohes Abhängigkeitsrisiko von bestimmten Personen den Unternehmenswert mindern.
Häufige Fehleinschätzungen auf Verkäuferseite
Unternehmer, die ihr Lebenswerk verkaufen, neigen oft dazu, die Thematik Familienmitarbeiter zu unterschätzen. Typische Denkfehler oder Versäumnisse sind:
- „Das klären wir dann kurzfristig.“ Wer Fragen zu Familienmitgliedern auf die lange Bank schiebt, wirkt unprofessionell. Käufer erwarten, dass brisante Personalthemen vor Verkaufsverhandlungen geklärt sind – nicht ad hoc in letzter Minute.
- „Mein Sohn arbeitet halt einfach mit.“ Die bloße Tatsache, dass ein Verwandter im Betrieb ist, ersetzt keine klare Rolle mit definierten Aufgaben. Fehlt ein sauberer Zuschnitt von Verantwortungsbereichen, sieht der Käufer eine Lücke im Organigramm oder vermutet versteckte Privilegien.
- Unklare Vergütung und Nebenleistungen. Schweben besondere Boni, Firmenwagenregelungen oder andere Extras mündlich im Raum? Intransparenz bei der Entlohnung verunsichert Käufer, da unklar ist, welche Ansprüche noch geltend gemacht werden könnten.
- Keine schriftlichen Verträge oder Regelungen. Gerade in Familien kreist vieles um Vertrauen und Handschlagqualität. Doch im Verkauf zählt Dokumentation: Fehlen Arbeitsverträge, Leistungsvereinbarungen oder Regelungen zur Altersvorsorge, bewertet der Käufer dies als potenzielles Risiko.
Diese Punkte signalisieren dem Kaufinteressenten: Hier könnte es nachträglich zu Problemen kommen. Im schlimmsten Fall schreckt ihn das so sehr ab, dass er vom Kauf Abstand nimmt.
Professionelle Strukturen schaffen: So überzeugen Sie den Käufer
Die gute Nachricht: Mit klarem Management der Familienmitarbeit können Sie Käuferbedenken deutlich reduzieren und Vertrauen schaffen. Wichtig sind transparente, schriftlich fixierte Vereinbarungen sowie eine professionelle Organisation der Rollen. Konkret sollte gelten:
- Arbeitsverträge auf dem neuesten Stand: Jedes mitarbeitende Familienmitglied braucht einen schriftlichen Arbeitsvertrag – und zwar zu marktüblichen Konditionen. Alle vertraglichen Regelungen (inkl. Kündigungsfristen, Vergütung, Sonderleistungen, Wettbewerbsverbote etc.) sollten dem entsprechen, was auch für externe Führungskräfte angemessen wäre.
- Marktübliche Vergütung: Zahlen Sie Familienmitgliedern ein Gehalt, das vergleichbar mit externen Fach- oder Führungskräften in ähnlicher Position ist. So vermeiden Sie sowohl den Eindruck von verdeckter Gewinnausschüttung als auch die Gefahr plötzlicher Gehaltsnachforderungen nach dem Verkauf.
- Klare Rollen und Kompetenzen: Definieren Sie präzise, welche Aufgaben und Verantwortlichkeiten jedes Familienmitglied hat. Die Position sollte von der Person getrennt betrachtet werden können. Im Idealfall ist die Rolle so klar umrissen, dass auch ein Externer diese ausfüllen könnte.
- Zukunftsplanung abstimmen: Entscheiden Sie im Vorfeld des Verkaufs, welche Familienmitglieder im Unternehmen bleiben und welche ausscheiden – und zu welchen Bedingungen. Sind z.B. Übergangsrollen, Beratungsverträge oder Pensionierungen geplant? Halten Sie diese Pläne fest, damit ein Käufer weiß, worauf er sich einstellen kann.
Solche Maßnahmen zeigen dem Erwerber: Das Unternehmen ist unabhängig handlungsfähig, auch wenn die Familie nicht mehr im operativen Alltag dabei ist. Alle Mitarbeitenden – ob verwandt oder nicht – werden fair und professionell behandelt. Dadurch steigt das Vertrauen und damit auch die Bereitschaft, einen guten Kaufpreis zu zahlen.
Selbstcheck: Das Unternehmen durch Käuferaugen betrachten
Noch bevor Sie in Verkaufsverhandlungen gehen, lohnt sich eine ehrliche Bestandsaufnahme. Versetzen Sie sich in die Lage eines kritischen Käufers und beantworten Sie für sich:
- Würde ich als Käufer vom Beitrag der Familienmitglieder überzeugt sein? Anders gefragt: Ist eindeutig erkennbar, welchen konkreten Wert (Know-how, Kundenbeziehungen, Führung etc.) die Angehörigen einbringen? Oder bleiben ihre Leistungen schwammig und an den Status „Familie“ geknüpft?
- Läuft der Laden auch ohne die Familie? Prüfen Sie, ob Ihr Team robust genug aufgestellt ist, um ohne die tägliche Präsenz der Familie zu funktionieren. Wenn Schlüsselpositionen nur von Familienmitgliedern ausgefüllt werden können, besteht Handlungsbedarf.
- Sind alle Rollen extern erklärbar? Jeder Titel und jede Aufgabe im Unternehmen sollte sich einem Außenstehenden unmittelbar erschließen. Nepotismus-Vorwürfe entstehen schnell, wenn z.B. der Schwager als „Sonderprojektleiter“ fungiert, aber niemand genau weiß, was er tut. Stellen Sie sicher, dass jede Position einen nachvollziehbaren Zweck hat.
Das Ziel dieses Selbstchecks ist nicht, perfekt zu sein. Vielmehr geht es darum, Plausibilität herzustellen. Solange Sie einem Kaufinteressenten jeden Aspekt rund um die Familienmitarbeiter logisch erklären können, ohne ins Stocken zu geraten, sind Sie auf dem richtigen Weg. Nicht alles muss ideal sein – aber alles sollte begründbar und nachvollziehbar sein.
Kommunikationsempfehlungen: Offenheit und Klarheit
Selbst die besten Regelungen nützen wenig, wenn Sie nicht richtig kommuniziert werden. Im Kontext eines Unternehmensverkaufs mit involvierten Familienmitgliedern ist eine geschickte Kommunikationsstrategie Gold wert. Hier einige Empfehlungen, wie Sie intern wie extern vorgehen sollten:
- Frühzeitige Gespräche innerhalb der Familie: Bevor Gerüchte die Runde machen, setzen Sie sich mit den betroffenen Familienmitgliedern zusammen. Erläutern Sie offen Ihre Verkaufspläne und die Gründe dafür. Wertschätzen Sie ihre Beiträge zum Unternehmen und besprechen Sie ihre möglichen zukünftigen Rollen. Diese Transparenz verhindert Enttäuschungen und gibt den Angehörigen Zeit, sich auf Veränderungen einzustellen.
- Einheitliche Linie nach außen: Stimmen Sie mit den Familienmitgliedern ab, welche Botschaft gegenüber dem Käufer kommuniziert wird. Wichtige Punkte sind zum Beispiel: Wer bleibt voraussichtlich im Betrieb? In welcher Funktion? Was ist der offizielle Grund für einen eventuellen Austritt (z.B. Ruhestand, neue Herausforderung)? Wenn alle Beteiligten dieselbe Geschichte erzählen, tritt das Unternehmen geschlossener und professioneller auf.
- Proaktive Information des Käufers: Bringen Sie das Thema Familienmitarbeiter selbstbewusst und frühzeitig in die Verhandlungen ein. Es macht einen deutlich besseren Eindruck, wenn Sie von sich aus sagen: „Übrigens, mein Bruder leitet den Vertrieb. Er wird auch nach dem Verkauf an Bord bleiben und hat einen marktüblichen Vertrag – hier sind alle Details.“ So nehmen Sie dem Käufer das Gefühl, etwas „herausfinden“ zu müssen, und punkten mit Offenheit.
- Kommunikation im restlichen Team: Nicht nur die Familie, auch die übrigen Mitarbeiter verdienen Klarheit. Informieren Sie Ihre Belegschaft rechtzeitig über anstehende Veränderungen. Vermitteln Sie, dass für jeden Mitarbeiter faire Lösungen gefunden werden – egal ob familienangehörig oder nicht. Dies erhält die Motivation und verhindert Flurfunk.
- Sachlich bleiben, Persönliches achten: Bei aller Professionalität sollten die familiären Beziehungen nicht unter den Tisch fallen. Senden Sie die Botschaft, dass die Entscheidung zum Verkauf zwar eine Geschäftsentscheidung ist, die Wertschätzung für die Familie aber bleibt. Anerkennen Sie öffentlich (z.B. in Teammeetings oder Pressemitteilungen) die Leistung der Familienmitglieder. So zeigen Sie dem Käufer und dem Team, dass Sie trotz Verkauf menschlich handeln. Gleichzeitig gilt es, in Verhandlungen sachlich zu bleiben und persönliche Gefühle nicht die Oberhand gewinnen zu lassen.
Durch diese Kommunikationsmaßnahmen signalisieren Sie Professionalität und vermeiden Missverständnisse. Ein Käufer wird es zu schätzen wissen, wenn heikle Themen nicht verschwiegen, sondern offensiv und geregelt angegangen werden. Und innerhalb des Unternehmens sorgt eine klare Kommunikation dafür, dass alle Beteiligten den Übergang mittragen.
Fazit: Familienfaktor strategisch managen, Wert steigern
Familienmitglieder im Betrieb müssen kein Hindernis beim Unternehmensverkauf sein – wenn man ihre Rolle strategisch managt. Letztlich geht es darum, Stärken zu bewahren, aber Risiken auszuräumen. Klare Strukturen, transparente Verträge und offene Worte sind dabei der Schlüssel. So überzeugen Sie jeden Kaufinteressenten, dass Ihr Unternehmen solide aufgestellt ist – mit oder ohne Familienbeteiligung.
Ein durchdachter, strukturierter Umgang mit mitarbeitenden Familienangehörigen signalisiert Professionalität und nimmt potenziellen Käufern Ängste. Dadurch erhöhen Sie nicht nur die Wahrscheinlichkeit, den Deal erfolgreich abzuschließen, sondern auch den Wert, den man Ihrem Unternehmen beimisst. Wer Familienmitarbeit proaktiv regelt und kommuniziert, erleichtert den Unternehmensübergang für alle Beteiligten.
Steht bei Ihnen ein Verkauf im Raum und Sie sind unsicher, wie Sie das Thema Familienmitarbeiter angehen sollen? Reden wir darüber! Gerne unterstütze ich Sie dabei, die Weichen richtig zu stellen – fachlich und kommunikativ.